Medtech-INSIDE – Teil 1: "Medtech im Umbruch: die Aufgaben"
Medtech-INSIDE ist die neue Finanzkolumne von medtech zwo. Sie erscheint einmal im Monat online und in unserem Heft zweimal im Jahr. Unser Autor ist Dr. Andre Zimmermann, Partner beim Tübinger Brancheninvestor SHS und als Business-Development-Experte weltweit im Medtech-Sektor vernetzt.
TEIL 1: Medtech im Umbruch – die Aufgaben
Corona geht an die Substanz
Es ist Herbst, und wie erwartet befinden wir uns in einer weiteren kritischen Phase der Corona-Pandemie. Deutschland schlägt sich bisher gut, aber wir müssen wachsam bleiben. Denn für die Medtech-Hersteller wäre ein zweiter Lockdown dramatisch, besonders wenn erneut elektive Eingriffe verschoben werden müssten, um ausreichend Kapazitäten für COVID-Patienten vorzuhalten. Insbesondere den KMUs im Medtech-Sektor würde ein zweites Herunterfahren der Wirtschaft an die Substanz gehen.
MDR: drei Buchstaben, eine gewaltige Aufgabe
Die Einführung der verschärften Zulassungsanforderungen MDR (Medical Device Regulation) wurde von der EU auf Mai 2021 verschoben. Dies hat den Unternehmen etwas Luft verschafft. Sollte sich die Pandemie aber noch länger hinziehen, könnte auch diese neue Deadline vor allem kleinere und mittlere Medtech-Hersteller hart treffen. Denn die MDR stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen – personell und finanziell. Dabei sind diese zusätzlichen Belastungen kein einmaliger, sondern eher ein permanenter Belastungsfaktor. Und wenn wir schon von Zulassung sprechen: Don’t forget Brexit! So wie es aussieht, wird die CE-Kennzeichnung für den UK-Markt nicht ausreichen. Die Briten werden voraussichtlich ab 2021 eine eigene Zulassung für Medizintechnikprodukte verlangen. Bereits zugelassene Produkte müssen dann ab 2023 erneut zugelassen werden. Ein teures Ärgernis für die mittelständische europäische Medtech-Industrie.
Digitalisierung – Chance und Hürde zugleich
Welche Vorteile digitale Technologien im Healthcare-Bereich haben, zeigt sich in dieser Pandemie deutlich: Tele-Consulting, Tele-Monitoring, KI. Viel hat sich bewegt, aber weitere Veränderungen werden nötig sein. Geschäftsmodelle müssen angepasst werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Neue Vertriebswege müssen geschaffen werden, alte fallen weg. Zum Nutzen der Patienten und des Gesundheitssystems. Dieser digitale Umbruch sollte vom Medtech-Mittelstand aktiv für Investitionen genutzt werden – als Grundlage für zukünftiges Wachstum.
Unterstützung für Mittelständler für zukünftige Aufgaben
Corona-Pandemie, Digitalisierung und die geänderten Zulassungsanforderungen (EU-MDR und Brexit) können auch etablierte Medtech-Mittelständler an ihre Grenzen bringen. Vor allem dann, wenn gleichzeitig die internationale Expansion (USA, China) vorangetrieben werden muss, um steigende Kosten aufzufangen. Das alles erfordert eine richtig gute Eigenkapitaldecke. Hier müssen die Unternehmen tragfähige Lösungen finden. Ein möglicher Weg sind Partnerschaften mit Medtech-erfahrenen Investoren. Das Schlagwort heißt Kooperation – zum Nutzen für alle Parteien. Insgesamt wird der Healthcare-Markt mittel- und langfristig weiter wachsen, getrieben durch Corona und die sich verändernde Altersstruktur in vielen Industrienationen sowie die wachsenden Bedürfnisse in den Emerging Markets. Nutzen wir unsere Chancen!
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Hier geht es zu bisher veröffentlichten Beiträgen der Kolumne:
TEIL 2: US-Zulassung und Erstattung im Schnellverfahren | erschienen am 3. Dezember 2020
TEIL 3: Zulassungsverfahren in China | erschienen am 7. Januar 2021
TEIL 4: Die deutsche Healthcare-Industrie und Brexit: not amusing | erschienen am 4. Februar 2021
Teil 5: Digitalisierung in der Medizintechnik: Megatrend als Megachance | erschienen am 4. März 2021