MEDTECH-INSIDE – Teil 18: Die MDR: ein Bremsklotz aus Brüssel
Medtech-INSIDE ist die Finanzkolumne von medtech zwo. Unser Autor ist Dr. André Zimmermann, Partner beim Tübinger Brancheninvestor SHS und als Business-Development-Experte weltweit im Medtech-Sektor vernetzt.
MEDTECH-INSIDE Teil 18: MDR Bremsklotz aus Brüssel
„Für den Innovationsstandort Deutschland ist die MDR eine Katastrophe“, sagt Reinhold Blazejewski, Hersteller von Hightech-Endoskopen. Weil immer mehr Firmen die MDR als Innovationsbremse ansehen, streben viele nun die Erstzulassung neuer Produkte in den USA an, weil der Markt wesentlich größer ist und Erstattungskonditionen attraktiver. Für Patienten in Europa bedeutet dies, dass neue Therapien und Diagnostika womöglich erst mit erheblicher Verzögerung verfügbar sein werden.
Angesichts explodierender Energiepreise, gestörter Lieferketten und weltpolitisch äußerst unsicheren Zeiten hätte es den Bremsklotz MDR nicht gebraucht!
Um Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit dieser Hightech-Branche zu stärken, müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden. Der Fachverband BVMed fordert von der Politik eine gebündelte Strategie, die alle Belange der Medtech-Industrie berücksichtigt: Forschung, Entwicklung, Regulierung, Produktion, Marktzugang. Wie kann es sein, dass die Automobilindustrie sich seit Jahren alle paar Monate im Kanzleramt zum Autogipfel einlädt, während die Bedeutung der Medizintechnik-Branche erst durch Corona wirklich klar wurde?
Was ist zu tun? Die MDR muss modifiziert werden, damit sich auch kleine und mittlere Medtech-Hersteller den Zulassungsprozess leisten können. Die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft (Gesundheitswesen, Forschung, Industrie) muss systematisch vorangetrieben werden. Interoperabilität, Cybersecurity und Digital Health sind wichtige Stichworte. Gerade der Bereich eHealth könnte einen substanziellen Beitrag zur Effizienzsteigerung des Gesundheitswesens leisten, vor allem vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft bei gleichzeitig dramatischem Fachkräftemangel. Krankenhäuser und Arztpraxen müssen in allen Bereichen technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Das fängt bei der IT an und hört beim KI-gestützten OP nicht auf, denn modernste Medizintechnik ist effizient, nachhaltig und hilft Patienten und Beschäftigten.
Forscher, die an neuen Therapien und Produkten arbeiten, müssen einfacher auf Gesundheitsdaten zugreifen können. Sinn und Umfang des Datenschutzes sollte überdacht werden, damit dieser Innovationen nicht verhindert, sondern hilft, Verbesserungen für den Menschen zu entwickeln. Auch bei der Formulierung von Zulassungs- und Erstattungsregeln und anderer Vorgaben (zum Beispiel bei der Methodenbewertung) sollte das Patientenwohl im Vordergrund stehen.
Ein weiteres Innovationshemmnis ist fehlendes Kapital. Bei Fremdkapital steigt wegen der Zinswende die Kredithürde, und die öffentliche Hand wird sich angesichts Energiekrise, Inflation und Neuverschuldung mit Fördergeldern auch in Zukunft eher zurückhalten. Eine Alternative bei der Kapitalbeschaffung ist hier ein Private-Equity-Partner, der über Erfahrung und Wissen im Healthcare-Bereich verfügt. Positive Beispiele dafür gibt es viele – zum Nutzen aller beteiligten Akteure.