Medtech-INSIDE – Teil 2: "US-Zulassung und Erstattung im Schnellverfahren"
Medtech-INSIDE ist die Finanzkolumne von medtech zwo. Sie erscheint einmal im Monat online und in unserem Heft zweimal im Jahr. Unser Autor ist Dr. André Zimmermann, Partner beim Tübinger Brancheninvestor SHS und als Business-Development-Experte weltweit im Medtech-Sektor vernetzt.
TEIL 2: "US-Zulassung und Erstattung im Schnellverfahren"
Bremst Innovationen aus: die europäische MDR
Dass Medizintechnik-Produkte erst nach einer sorgfältigen Testphase und gründlichen Prüfung zugelassen werden sollten, versteht sich von selbst. Leider lässt die Europäische Union ab Mai 2021 mit der MDR (Medical Device Regulation) ein Regulierungsmonster von der Leine. Um den betroffenen Medtech-Unternehmen die notwendigen regulatorischen Dienstleistungen anbieten zu können, bräuchte es in den Prüfstellen der Mitgliedsstaaten hunderte Fachkräfte, die auf dem Markt schlicht nicht verfügbar sind. Der Marktzugang von Medtech-Innovationen wird so ausgebremst.
Ebnet Innovationen den Weg: das FDA Breakthrough Devices Program
Einen effizienteren Weg, Medtech-Innovationen zu fördern, beschreitet die amerikanische Zulassungsbehörde FDA (U.S. Food and Drug Administration) mit ihrem neuen Programm. Ziel dieses Programms ist es, innovativen Medtech-Produkten und Diagnose-Systemen einen schnelleren Marktzugang zu ermöglichen. Vorausgesetzt, diese Produkte helfen Patienten, die lebensbedrohlich erkrankt oder dauerhaft gesundheitlich stark beeinträchtigt sind. Damit will man den Patienten zügig helfen, ohne in Sachen Sicherheit Abstriche machen zu müssen.
Schnellere US-Zulassung
Man muss sich das Breakthrough Devices Program wie eine „Zulassungs-Überholspur“ vorstellen. Grundvoraussetzung für die FDA ist, dass das neue Produkt den Patienten eine bessere Diagnose oder eine effektivere Behandlung bei lebensbedrohlichen oder stark einschränkenden Krankheiten im Vergleich zum bisherigen Standard verspricht. Ist dies der Fall, wird der Medtech-Hersteller während des gesamten Breakthrough Devices Program engmaschig begleitet. Dazu stellt die FDA qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl zur Verfügung. So können, neben dem schriftlichen Feedback, Meetings mit den FDA-Experten alle 10 bis 14 Tage stattfinden. Zum Vergleich: beim Standardverfahren gibt es ein solch wichtiges Treffen nur einmal in 75 Tagen.
Schnellere Erstattung
Das Breakthrough Devices Program umfasst nicht nur den Zulassungsprozess, sondern auch die Erstattung über die CMS (Centers for Medicare and Medicaid Services). Der Gesetzgeber in den USA hat erkannt, dass auch diese Voraussetzung erfüllt sein muss, damit die Medtech-Innovation schnell dort ankommt, wo sie gebraucht wird: beim Patienten. Ohne den Breakthrough-Status dauert es mindestens zwei, drei Jahre, bis eine Kostenerstattung für den Patienten möglich ist.
Eine echte Chance für innovative Hersteller
Wie gut das Breakthrough Devices Program funktioniert, haben gerade drei SHS-Portfoliounternehmen erfahren. Am Ende eines intensiven Prozesses mit der FDA stand bei den drei Unternehmen Neuro Event Labs, Salvia und Miracor die Verleihung der begehrten „Breakthrough Devices Designation“. Damit haben diese innovativen Medtech-Unternehmen eine große Hürde in Richtung Markteintritt in den USA genommen.
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Hier geht es zu bisher veröffentlichten Beiträgen der Kolumne:
TEIL 1: Medtech im Umbruch – die Aufgaben | erschienen am 5. November 2020
TEIL 3: Zulassungsverfahren in China | erschienen am 7. Januar 2021
TEIL 4: Die deutsche Healthcare-Industrie und Brexit: not amusing | erschienen am 4. Februar 2021
Teil 5: Digitalisierung in der Medizintechnik: Megatrend als Megachance | erschienen am 4. März 2021