Das Wiener Medtech-Start-up Brainhero hat ein Neurofeedback-Training für Kindern mit Autismus sowie ADHS entwickelt, das die Patienten zu Hause in ihrem vertrauten Umfeld nutzen können. Die Anwendung wurde nun europaweit als medizinisches Produkt zugelassen.
Die App, die Christof Götz, Gründer von Brainhero, und sein Team entwickelt haben, soll die Lernfähigkeit, Konzentration und die soziale Interaktion von Kindern sowie Jugendlichen mit Autismus oder ADHS verbessern und damit ihnen und ihren Familien das Leben und den Alltag erleichtern. Die Anwendung wurde nun als medizinisches Produkt europaweit zugelassen. Der Verkauf startet zunächst in Deutschland und Österreich.
Neurofeedback als Chance
Als bei Christof Götz‘ Tochter Autismus diagnostiziert wurde, stellte er fest, dass professionelle Unterstützung und Therapiemöglichkeiten nur schwer zu finden oder sehr aufwendig waren. Die betreuende Therapeutin brachte das Thema Neurofeedback zur Sprache. Dabei handelt es sich um eine nicht-invasive Methode zur Messung und Kontrolle von Gehirnaktivität mit Hilfe eines EEGs. Diese Therapieform ermöglicht es, die Gehirnaktivität durch Konditionierung (z. B. mit einer Spiel-App) neu zu trainieren. Die Integrierbarkeit in den Alltag bei zusätzlichen zwei bis drei Sessions pro Woche war allerdings ein anderes Thema. So reifte 2017 der Gedanke eines mobilen Neurofeedback-Trainings für zu Hause. Kontakte zu Neurowissenschaftlern, Medizintechnikern und nicht zuletzt zur MedUni Wien waren schnell geknüpft.
Was ist Brainhero?
Unkompliziert, sprich ohne Kabel, in den Alltag integrierbar und leistbar muss es sein – das waren die Prämissen von Christof Götz, als er die Idee, ein Neurofeedback-Training für daheim zu entwickeln, in die Tat umzusetzen begann. Auch war es für den Gründer wichtig, dass die Sitzungen Spaß machen sollen.
Auf Basis bestehender Studien entwickelte er mit seinem Team sowie mit der Unterstützung wissenschaftlicher Berater die Hard- und Software – bestehend aus der Trainings-App und einem mobilen EEG, das dank Bluetooth mit einem Tablet verbunden werden kann. Gesteuert wird das Training von den Anwendern mit ihren Gedanken ganz ohne Mouse oder andere Tools. Die erste Patientin war schnell gefunden – seine Tochter. Bei regelmäßiger Anwendung zeigten sich schon nach etwa drei Monaten die ersten positiven Effekte, welche auch in der Schule und im Bekanntenkreis bemerkt wurden.
„Meine Tochter hat nach drei Monaten durchschlafen, sich emotional besser regulieren können und ihre soziale Interaktion mit anderen Kindern deutlich gesteigert. Außerdem hat die Schule ihre deutlich erhöhte Konzentrationsleistung wahrgenommen, ohne dass sie von der Therapie wussten", so Christof Götz über die erstaunlichen Effekte seiner Tochter.
Wie funktioniert die Therapie?
Bei Brainhero handelt es sich um eine 20-stündige Neurofeedback-Therapie, bei welcher das Kind bzw. der Jugendliche und seine Familie von Beginn bis zur Beendigung des Programms betreut werden. Den Auftakt bildet ein ausführliches Beratungsgespräch, gefolgt von der Bestellung und dem Vertrautmachen mit der Hard- und Software. Mithilfe eines Therapieplans werden die fünfminütigen Einheiten dokumentiert. Um die Kosten für das Training und die Gerätschaft möglichst niedrig zu halten, wird das portable EEG für die Therapiedauer von ca. sechs Monaten gemietet und anschließend wieder an das Team von Brainhero zurückgegeben.
Das mobile Neurofeedback-Training soll Therapeuten in Kliniken und Therapiezentren bei ihrer Arbeit und vor allem die kleinen Patienten unterstützend begleiten. Kliniken und Praxen in Deutschland sowie Österreich planen, sie in ihren stationären Therapieplan zu integrieren.
Derzeit entwickeln Götz und sein Team ein personalisiertes Produkt, das eine größere Zielgruppe ansprechen soll, damit schwerere Formen von Autismus, zum Beispiel Autismus mit Epilepsie oder nonverbale Kinder und Jugendliche, behandelt werden können. Gleichzeitig arbeitet Brainhero mit wissenschaftlichen Partnern an Forschungsthemen wie Demenzfrühdiagnose und Epilepsie Remote Monitoring.
„Im Bereich der Neurotherapie, aber auch in der Diagnose mittels EEG steckt viel Potential. Sowohl unsere Investoren als auch die Förderagenturen in Österreich helfen uns sehr dabei, dieses Potential zu bergen und für eine breite Masse an Patienten nutzbar zu machen“, so Götz.