McKinsey fordert Datenoffensive bei Frauengesundheit

Innovationen in den Biowissenschaften und der Fortschritt im Gesundheitswesen hängen von Daten ab. Die heutigen Datenpools bieten jedoch kein vollständiges Bild zur Gesundheit von Frauen. McKinsey fordert in einem aktuellen Report, diese Lücke aktiver zu schließen.

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Daten sind das neue Gold – diese Analogie ist schon reichlich abgenudelt. Doch trotz des exponentiellen Wachstums der Datenmengen, die im gesamten Ökosystem des Gesundheitswesens generiert werden, bestehen nach wie vor erhebliche Lücken. Ein solcher Bereich ist die Frauengesundheit, in der sich Lücken über die gesamte Datenwertschöpfungskette erstrecken, wie die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company in einem aktuellen Report feststellt.

Dies reicht von der Definition der Gesundheit von Frauen (vor der Datengenerierung) über die Diagnose (Datengenerierung) und die Nachverfolgung auf nationaler Ebene (Datenerhebung) bis hin zur Umsetzung von Daten in Erkenntnisse auf globaler Ebene durch epidemiologische Studien (Datenanalyse). Diese Datenunterschiede beeinflussen letztendlich die Gesundheitsergebnisse von Frauen weltweit, indem sie "blinde Flecken" zurücklassen, die das Forschungsdesign, Investitionsentscheidungen und Pipeline-Prioritäten beeinflussen. Bestimmte Untergruppen von Frauen, wie Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund, bestimmter sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, seien laut McKinsey-Autoren anfälliger für die Lücken und negativen Auswirkungen dieser blinden Flecken.

Die Autoren gliedern ihre Darstellung von falschen Annahmen und Definitionen von "Frauengesundheit", die erst allmählich reformiert werden, über offensichtliche, aber weniger diskutierte Ungleichgewichte in der Gesundheitsversorgung je nach Geschlecht bis hin zu einigen Forderungen, wie die Datenlücken systematisch geschlossen werden könnten.

Eine Ursache, so halten die Autoren fest, sei beispielsweise, dass in der Vergangenheit die Gesundheit von Frauen weitgehend als "reproduktive Gesundheit" definiert worden sei. Erst in jüngerer Zeit verwenden Akademiker und Kliniker eine umfassendere Sichtweise, da sie erkannt haben, dass das Geschlecht ein wesentlicher Faktor bei der Entwicklung und beim Fortschreiten vieler Krankheiten ist.

Ein eklatanter Punkt ist auch die offensichtliche Unterdiagnose von Krankheitssymptomen bei Frauen. Nach Angaben der USA von Januar 2019 bis August 2022 ist die Prävalenz von "Gesundheitszuständen" bei Frauen (geschätzt durch epidemiologische Datenquellen) etwa fünfmal so hoch wie die ihrer dokumentierten Diagnosen. Mit anderen Worten: Für jede Frau, bei der eine Gesundheitsstörung diagnostiziert wurde, werden etwa vier nicht diagnostiziert. Im Vergleich dazu liegt der Unterschied zwischen der epidemiologischen Prävalenz und den dokumentierten Diagnosen für den Gesundheitszustand von Männern nur beim 1,5-Fachen.

Die Verfügbarkeit geschlechtsspezifischer Gesundheitsdaten unterscheide sich zudem stark von Land zu Land. Während der COVID-19-Pandemie meldeten beispielsweise 76 Prozent der Länder mit hohem Einkommen COVID-19-Falldaten nach Geschlecht, verglichen mit 37 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen.  Nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten liefern jedoch wichtige Einblicke in die biologischen Mechanismen und sozioökonomischen Risikofaktoren, die die Krankheitsprävention vorantreiben und zur Entwicklung wirksamerer biopharmazeutischer (und anderer) Interventionen nach Geschlecht führen können. Ohne sie bleibt das Bild der globalen Gesundheit von Frauen unvollständig, insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen.

Im Bereich der Frauengesundheit fallen Datenlücken zudem mit niedrigeren klinischen Entwicklungsraten von Produkten zusammen, die sich auf die Gesundheit von Frauen konzentrieren: Ohne Onkologie sind nur ein Prozent der Biopharma-Pipeline-Assets und zwei Prozent der neuartigen Zulassungen in der Medizintechnik auf die Gesundheitsprobleme von Frauen ausgerichtet. Einschließlich Onkologie steigen die Raten auf fünf bzw. vier Prozent. Damit bleibt die Schlussfolgerung der Autoren unausweichlich: Es muss sehr viel mehr getan werden. Die erste Erkenntnis müsse sein: die Bedeutung des Geschlechts bei der Definition und Behandlung von Krankheiten anzuerkennen.  

Quelle: Closing the Data Gaps in Women´s Health (Mc Kinsey & Company)

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