Die MEDICA in Düsseldorf ist in vollem Gange. An einem Thema kommen die 120.000 erwarteten Besucher nicht vorbei: die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Bis Donnerstag ist die Messe geöffnet.
Seit Montag hat die MEDICA ihre Pforten für Besucher geöffnet. Mehr als 5.000 Austeller aus 66 Nationen präsentieren ihre Neuheiten in den Messehallen in Düsseldorf. Das Thema Digitalisierung zieht sich dabei durch wie ein roter Faden. Erst vor wenigen Tagen hatte der Medizintechnik-Verband Spectaris zusammen mit Roland Berger hierzu eine neue Studie veröffentlicht, deren Ergebnisse auf der MEDICA präsentiert wurden. Denn ohne Digitalisierung wird es künftig in der Gesundheitsversorgung nicht gehen, da sind sich Ärzte und Kassen einig, wie es am Montag bei der Auftaktveranstaltung des siebten MEDICA Econ Forums der Techniker Krankenkasse (TK) deutlich zu hören war. Der ehemalige Google-Deutschland-Chef Christian Baudis geht von vier Megatrends aus: Robotik und selbstfahrende Autos, Sensorik, Big Data und Künstliche Intelligenz. Basis und Treibstoff sind dabei immer die algorithmengestützte Verarbeitung von Daten. Baudis verwies dabei zum Beispiel auf die Ankündigung der Internetplattform Amazon, bald einen Haushaltsroboter auf den Markt zu bringen. Dies hat Baudis zufolge auch Relevanz für den Gesundheitsbereich: Durch die Vernetzung mit anderen Geräten könne ein solcher Roboter auch Arzttermine vereinbaren oder den Blutdruck messen. Und Baudis ist sich sicher: um in der Digitalisierung im Gesundheitswesen mitzumischen, braucht man kein IT-Freak zu sein. Es seien oft die einfachen Dinge, wie Sportsocken mit eingenähten Sensoren des Start-ups Sensoria, die Erfinder in den stark regulierten Markt einsteigen lassen.
Dass Deutschland in der Digitalisierung vorankommen muss und es auch im öffentlich finanzierten Gesundheitswesen mehr Anwendungen geben sollte, dafür sprach sich ebenfalls Gesundheitsminister Jens Spahn aus, der auf dem parallel zur MEDICA stattfindenden Deutschen Krankenhaustag zu Gast war: „Es gibt hier viel Theorie, aber wir müssen endlich auch zu praktischen und umsetzbaren Lösungen kommen.“
Auch TK-Chef Jens Baas vertrat auf der MEDICA eine klare Position: „Wer als Kasse bei der Digitalisierung nicht mitmacht, der stirbt.“ Schließlich sei das Thema auch für Ärzte letztlich alternativlos. Es gehe nun darum, die bereits gesammelten Daten mit Hilfe von KI sinnvoll auszuwerten. Als Beispiel nannte er die sogenannte Schaufensterkrankheit PAVK. „Früher fragte ich Patienten mit Verdacht auf PAVK, wie viele Schaufenster sie ablaufen können, bevor ihre Beine sie zum Stoppen zwingen", so Baas. „Heute hat jedes Smartphone einen Schrittzähler. Die Daten müssen nur richtig ausgelesen werden." Dabei verwies Baas klar auf KI-Anwendungen.
Ein Schrittzähler im Handy ist auch für die vielen Messebesucher interessant. In insgesamt 17 Hallen können sie sich über Neuheiten und Entwicklungen der Branche informieren. Dazu gehören beispielsweise eine Pillendose zur Überwachung der Medikamenteneinnahme oder Sensoren für Windeln, die anzeigen, wenn gewechselt werden sollte. Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS präsentiert beispielsweise das neue HaptiVisT-System: ein haptisch-visuelles Trainingssystems für Cochlea-Implantationen. Reale klinische CT-Daten von Innen- und Mittelohr werden dafür interaktiv segmentiert und die darin abgebildeten Strukturen für ein interaktives Chirurgie-Trainingssystem genutzt (Halle 10/G05).
Das Thema Digitalisierung ist zudem für Start-ups hochrelevant. Nicht nur im eigens eingerichteten Start-up-Park, sondern auch auf der Pitching-Bühne. So findet am dritten Messetag das Finale der siebten MEDICA-App-Competition statt. In Halle 15 präsentieren zehn internationale Start-ups auf der Bühne des MEDICA Connected Healthcare Forums ihre Ideen. „Es kommt dabei nicht allein auf die App an, sondern auf eine durchdachte Gesamtlösung für den Einsatz im Patienten-, Arzt- und Klinikalltag“, erklärt Organisator Mark Wächter. „Eine auszuzeichnende Lösung könnte beispielsweise auch eine Drohne sein, die Arzneimittel anliefert und per Smartphone gesteuert wird.“ Gesucht werden Anwendungen für Smartphones, Smart Watches, Tablets oder Virtual-Reality-Brillen. Ein Zusammenhang zu professioneller Medizintechnik sollte jedoch vorhanden sein.
Parallel zur MEDICA läuft traditionell auch die Zulieferermesse Compamed mit fast 800 Ausstellern aus 40 Nationen. Hier geht es um Sensoren, Chips, Beschichtungstechnologie oder Auftragsfertigung. Medizintechnik-Hersteller und Zulieferer arbeiten eng zusammen. „Die digitale Transformation ist das Thema schlechthin, das weltweit die Gesundheitswirtschaft prägt“, so MEDICA-Chef Horst Giesen.