Bisher leiten Röntgenstrahlen einen Gefäßkatheter durch das Gefäßsystem. Fraunhofer-Forscher haben nun ein neues „Navigationssystem“ entwickelt. Es zeigt Ärzten in Echtzeit, wie sich der Katheter durch das Gefäßlabyrinth bewegt.
Muss ein Stent ins Herz gesetzt oder ein Blurgerinnsel entfernt werden, dann kommt ein Gefäßkatheter zum Einsatz. Bisher haben Ärzte Röntgenstrahlen genutzt, um den Weg des Katheters zu navigieren. Nicht ohne Nachteile: „Patienten und Ärzte sind dabei einer nicht zu vernachlässigenden Strahlendosis ausgesetzt“, so Torben Pätz, Mathematiker am Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS in Bremen. „Außerdem zeigen die Röntgenbilder kein 3D-Bild, sondern nur eine 2D-Projektion, wodurch sich der Katheter nicht immer genau lokalisieren lässt.“ Fraunhofer MEVIS hat nun einen Katheter namens IntelliCath entwickelt, der sich zielsicher durchs Gefäßsystem navigieren lässt – ohne Strahlung, in Echtzeit und in 3D.
Das Prinzip der neuen Methode: Der Katheter wird mit einer speziellen Glasfaser ausgerüstet, bestückt mit winzigen Spiegeln. Wird Laserlicht durch diese Faser geschickt, reflektieren die Spiegel einen Teil des Lichts. Sobald die Glasfaser gebogen wird, verändert sich die Farbe des reflektierten Lichts, was durch Sensoren erfasst werden kann. „Aus dem Signal dieser Sensoren lässt sich auf Stärke und Richtung der Biegung schließen“, erläutert Pätz. „Die Faser weiß gewissermaßen, wie sie geformt ist.“ Die Daten aus der Glasfasernavigation werden dann in ein 3D-Modell des Gefäßsystems eingespeist, das vorher auf Basis eines CT- oder MRT-Scans des Patienten rekonstruiert wurde. So kann der Arzt auf dem Monitor beobachten, wie sich der Katheter durch das Gefäßsystem bewegt.
Die Machbarkeit des Verfahrens konnten die MEVIS-Wissenschaftler bereits an einem Prototyp nachweisen. „Wir haben mehrere Silikonschläuche zu einem gewundenen Labyrinth zusammengesteckt“, erzählt Torben Pätz. „In dieses Labyrinth haben wir unsere Glasfaser-Katheter eingeführt.“ Auf dem Bildschirm ließ sich dann in Echtzeit lokalisieren, wo sich der Katheter gerade befand – und zwar bis auf fünf Millimeter genau. Die Forscher haben hierzu bereits zwei Patente eingereicht.
Mehrere Medizintechnik-Unternehmen arbeiten an ähnlichen Systemen. „Oftmals versuchen diese mit einem hohen technischen Aufwand, die gesamte Form des bis zu zwei Meter langen Katheters zu rekonstruieren“, so Pätz. „Unser Algorithmus hingegen kommt bereits mit einem Bruchteil der Daten aus, um den Katheter in dem ja bereits bekannten Gefäßsystem zu lokalisieren.“ Daher verspricht der MEVIS-Ansatz eine Technik, die sowohl robuster gegenüber Fehlerquellen als auch preiswerter ist. Als nächstes soll IntelliCath an einem Ganzkörper-Phantom des menschlichen Gefäßsystems und an einer Schweinelunge erprobt werden. Schon 2020 wird ein Prototyp fertig sein, der die Grundlage für eine klinische Studie bilden wird.