5 FRAGEN an: Ingo Grunwald von der Purenum GmbH. Der Fraunhofer-Forscher entwickelte zusammen mit einer urologischen Universitätsklinik den medizinischen Klebstoff mediNiK. Der Klebstoff bindet selektiv an Nierensteine und ermöglicht es Urologen, auch kleinste Nierenstein-Fragmente vollständig zu entfernen.
5 Fragen an: Ingo Grunwald, Purenum GmbH
Es gibt heutzutage nichts, was nicht geklebt wird. Auch die Medizin folgt diesem Trend. Was wollen Sie mit mediNiK kleben?
Wir wollen Urologen dabei helfen, auch die kleinen, bislang nicht greifbaren Nierenstein-Fragmente aus der Niere zu entfernen. Unser Klebstoff mediNiK klebt die kleinen Fragmente zusammen, so dass ein größeres Gebilde entsteht. Dieses wiederum kann mit den üblichen Greifwerkzeugen aufgenommen werden. Auf diese Weise können die Ärzte auch Steinreste aus der Niere zu entfernen, die unter einem Millimeter groß sind.
Warum gibt es hier einen medizinischen Bedarf?
Über 100.000 Menschen müssen sich allein in Deutschland jährlich einer Nierenstein-OP unterziehen. Um die Steine zu entfernen, zertrümmern Urologen z.B. bei der Ureterorenoskopie (URS) die unangenehmen Fremdkörper mit einem Laser und tragen die Bruchstücke mit Greifinstrumenten über die Harnwege ab. Das Problem dabei ist, es bleiben oft kleinere Fragmente zurück, die dann als Kristallisationskeime für eine erneute Steinbildung dienen können. Aktuell bilden sich in über 50% der Patienten neue, schmerzhafte Nierensteine. Durch den Einsatz unseres Klebstoffs besteht die Aussicht, diese Neubildung zu reduzieren.
Wie funktioniert der Klebstoff genau?
Es ist ein Zweikomponenten-Klebstoff der aus zucker- beziehungsweise kohlenhydrathaltigen Materialien besteht. Während der Nierenstein-OP können Ärzte den Klebstoff mittels Endoskop über den Harntrakt zur Niere führen. Die erste Klebstoffkomponente umschließt die Steinreste und die zweite härtet es zu einem Gel aus. Die Masse ist innerhalb von wenigen Sekunden groß und fest genug, um mit den üblichen Greifwerkzeugen entfernt zu werden. Das Tolle ist, der Klebstoff kann einfach über die bestehenden Arbeitskanäle des Endoskops mit Kathetern appliziert werden. In Studien mit Schweinenieren sowie am lebenden Schwein konnte in präklinischen Versuchen die Funktion nachgewiesen werden, ebenso dass der Klebstoff weder an den Geräten noch am Gewebe kleben bleibt.
Welche nächsten Schritte verfolgen Sie mit ihrem Start-up?
Technisch könnte man den Klebstoff bereits jetzt einsetzen. Die Entwicklung der Zusammensetzung, um die vielfältigen Anforderungen erfüllen zu können, haben wir erfolgreich abgeschlossen. Mit der Purenum GmbH entwickeln wir das technische Produkt zu einem Medizinprodukt, welches zusätzlich die umfangreichen, gesetzlichen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen erfüllt. Dafür müssen wir ein Qualitätsmanagement nach ISO 13485 aufbauen, umfangreiche Testungen durchführen und dann den Nierenstein-Klebstoff mit Hilfe einer Benannten Stelle zertifizieren lassen. Ich hoffe, dass wir in zwei Jahren auf dem Markt sind.
Wie sind Sie derzeit finanziert?
Wir haben im Rahmen einer Kapitalerhöhung Investoren an Bord geholt, so dass unsere Finanzierung bis zur Zertifizierung von mediNiK gesichert ist. Außerdem haben wir ein Projekt beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio) beantragt, um weitere Klebstoffe für medizintechnische Anwendungen zu entwickeln.

Aktiv in: Klebstoff-Entwicklung Start: 2018 Standort: Bremen Team: 2 |